http://www.klausens.com/klausens-und-gregor-gysi-und-oskar-lafontaine-und-die-linke.htm
Dann beginnt am Samstag hinter verschlossenen Türen die erste Beratung mit Lafontaine seit seiner Krebsoperation im November. Es war besonders der Konflikt zwischen dem Parteichef und dem Bundesgeschäftsführer, der die Partei spaltete. Für Lafontaines war es ein letzter gewonnener Machtkampf, als Bartsch vor gut einer Woche seinen Rückzug aus dem Parteiamt ankündigte. Er bleibt aber als Fraktionsvize in wichtiger Funktion. Der 66 Jahre alte Lafontaine wahrte sein Gesicht - nun zieht er sich wegen seiner Krebserkrankung ins Saarland zurück. Er hinterlässt ein gespaltenes Erbe.
Lafontaines Abgang hat eine gewisse Tragik. 2008 sagte er vor seinem 65. Geburtstag: «Solange ich gesund bin, werde ich weiter mitmischen.» Es folgten seine größten Triumphe mit der Linken, die schmerzhafte Hiebe für seine langjährige politische Heimat, die Sozialdemokratie waren. Vor allem die 11,9 Prozent bei der Bundestagswahl und die 21,3 Prozent mit ihm als Spitzenkandidaten bei der Landtagswahl im August 2009 im Saarland.
Nun stoppt ihn der Krebs. Nachdem Lafontaine 1999 seine Ämter als SPD-Chef und als Bundesfinanzminister im Streit mit Kanzler Gerhard Schröder hinschmiss, ist es sein zweiter und wohl endgültiger Rückzug aus der Bundespolitik. Auch das Bundestagsmandat gibt er ab. «Der Krebs war ein Warnschuss, über den ich nachdenken musste», sagt er. Nach dem Messerattentat 1990 im Wahlkampf, als er der Kanzlerkandidat der SPD war, sei dies die «zweite existenzielle gesundheitliche Krise». Der Noch-Parteichef wehrt sich entschieden gegen den Eindruck, im Westen dominierten Fundis, die nur Radikalopposition machen wollen. «Das ist die Propaganda unserer Gegner», sagt Lafontaine. Auch der innerparteiliche Machtkampf werde völlig überzogen dargestellt.
Neu entbrennen dürfte ohne den für die SPD zur Persona non grata gewordenen Lafontaine auch die Frage von einer rot-roten Annäherung auf Bundesebene. Zweieinhalb Jahre nach ihrer Gründung steht die Linke vor einer Zäsur. Vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai gilt es nun, Flügelkämpfe zu beenden und vor allem eine geordnete Nachfolgelösung zu finden. Denn auch Lafontaines Co-Vorsitzender Lothar Bisky (68), der mit ihm seit 2007 die Linke führt, war zuletzt nur noch auf dem Papier Parteichef. Er konzentriert sich vor allem auf seine Tätigkeit als Europaabgeordneter in Brüssel.
Die Parteispitze muss verjüngt werden, das hatte nicht zuletzt das Führungsvakuum durch die mehr abwesenden als anwesenden älteren Herren an der Spitze gezeigt. Als Nachfolge-Kandidaten gelten nun vor allem der Mitbegründer der westdeutschen WASG, Klaus Ernst (55), und die ostdeutsche Bundestags-Fraktionsvize Gesine Lötzsch (48). Fraktionschefs Gregor Gysi betont: Von ihm und Lafontaine werde man keine Namen hören. Auch Gysi ist schon 62.
Zusammen mit Gysi war Lafontaine bisher für die Linke das, was
Joschka Fischer für die Grünen war: Er redet brillant, spitzt zu, reißt
die Leute mit - zuletzt am Dienstag, beim Neujahrsempfang der
saarländischen Linken-Fraktion. Ein Heimspiel für den einstigen «König
von der Saar». Von 1985 bis 1998 war er dort SPD-Ministerpräsident. Mit
seinen Botschaften und seinem Charisma schaffte Lafontaine es, die
Linke im Westen zu verankern und die Partei zum Zufluchtsort vor allem
für enttäuschte SPD-Wähler zu machen. Von Rachegefühlen gegenüber der
SPD wollte Lafontaine freilich nichts wissen.
Aber er hinterlässt eine Partei, die zuletzt mehr mit sich selbst stritt als mit dem politischen Gegner Union und FDP. Lafontaine wäre nicht Lafontaine, wenn er sich nicht auch vom Saarland aus - wo er noch Fraktionschef der Saar-Linken ist - weiter einmischen würde. Er will sich auch in den NRW-Wahlkampf einschalten. «Ich werde ab und zu auch was zur Bundespolitik sagen», kündigte er an.
2005 wechselte Lafontaine von der SPD zur neu gegründeten Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit (WASG). Diese ging durch seine Initiative im Juni 2005 ein Wahlbündnis mit der PDS ein, die sich dafür in Die Linkspartei.PDS umbenannte. Von 2005 bis 2009 war Lafontaine mit Gregor Gysi Fraktionsvorsitzender der Linksfraktion im Deutschen Bundestag. Seit dem 16. Juni 2007 ist er neben Lothar Bisky Parteivorsitzender der neugebildeten Partei Die Linke. Seit September 2009 führt er die Fraktion der Linken im saarländischen Landtag, bleibt aber Mitglied des Bundestages. Nach dem Bekanntwerden einer Erkrankung an Prostatakrebs im November 2009 kündigte Lafontaine Anfang 2010 an, sich im kommenden Mai aus der Bundespolitik zurückzuziehen. Er wird den Parteivorsitz und sein Bundestagsmandat abgeben.[1]
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Oskar Lafontaine entstammt einer Handwerkerfamilie aus Saarlouis. Sein Vater Hans Lafontaine war von Beruf Bäcker und fiel im Zweiten Weltkrieg. Seine Kindheit verbrachte Lafontaine in Dillingen, wohin seine Mutter (Katharina, geb. Ferner, † 2006) nach dem Tod des Vaters gezogen war. Er hat einen Zwillingsbruder namens Hans.
Als Schüler besuchte er ein katholisches Internat, das Bischöfliche Konvikt des Regino-Gymnasiums in Prüm (Eifel). Hier erwarb er 1962 das Abitur. Er studierte dann als Stipendiat des Cusanuswerks der katholischen Bischöfe Deutschlands Physik in Bonn und Saarbrücken und beendete sein Studium 1969 als Diplomphysiker. Das Thema seiner Diplomarbeit war die Züchtung von Bariumtitanat-Einkristallen. Bis 1974 war er bei der Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft Saarbrücken tätig, ab 1971 als Mitglied ihres Vorstands.
Lafontaine ist in dritter Ehe verheiratet mit Christa Müller und hat zwei Söhne. Er ist römisch-katholischer Konfession.
1966 trat Lafontaine in die SPD ein. 1968 wurde er in den Landesvorstand der saarländischen SPD gewählt. Von 1970 bis 1975 war er Landtagsabgeordneter.
In der Landeshauptstadt Saarbrücken war Lafontaine von 1974 bis 1976 zuerst Bürgermeister, dann bis 1985 Oberbürgermeister. Von 1977 bis 1996 war er zudem Landesvorsitzender der Saar-SPD. 1980 führte er diese zur relativen Mehrheit, konnte die schwarz-gelbe Koalition jedoch nicht ablösen. 1985 wurde er beim zweiten Anlauf mit absoluter Mehrheit zum ersten sozialdemokratischen Ministerpräsidenten des Saarlands gewählt. Dieses Ergebnis konnte er 1990 und 1994 wiederholen. Er bekleidete das Amt bis Oktober 1998.
Siehe auch: Kabinett Lafontaine I, Kabinett Lafontaine II, Kabinett Lafontaine III
1979 bezog Lafontaine im Kontext der wachsenden westeuropäischen Friedensbewegung Position gegen den NATO-Doppelbeschluss. Er sah die darin angekündigte Raketenaufstellung beim Scheitern von Verhandlungen nicht als Nach-, sondern Aufrüstung an, und forderte für diesen Fall den Austritt der Bundesrepublik Deutschland aus der NATO. Damit wurde er neben Erhard Eppler zum Wortführer der innerparteilichen Gegner des Doppelbeschlusses. Diese gewannen im Lauf des Jahres 1982 eine Mehrheit der SPD-Basis. Dies trug zum Ende der sozialliberalen Koalition bei, so dass Bundeskanzler Helmut Schmidt sein Amt am 1. Oktober 1982 verlor.[2]
Lafontaine nahm am 1. September 1983 mit Tausenden Aufrüstungsgegnern, darunter einigen Prominenten, an einer dreitägigen Sitzblockade vor dem US-Militärdepot in Mutlangen teil, das als Stationierungsort von Pershing-II-Raketen vorgesehen war. Aufsehen erregte seine Charakterisierung Schmidts als Vertreter von „Sekundärtugenden“, mit denen man auch „ein KZ betreiben“ könne.[3] Er veröffentlichte seine Ansichten zur Verteidigungspolitik 1983 in dem Buch Angst vor den Freunden. Die Atomwaffenstrategie der Supermächte zerstört die Bündnisse.
1987 schlug Willy Brandt Lafontaine als seinen Nachfolger im Amt des SPD-Parteivorsitzenden vor, um einen Generationenwechsel herbeizuführen. Doch dieser lehnte zunächst ab. Nach Brandts Rücktritt vom Parteivorsitz wurde er als Vertreter der Parteilinken neben Johannes Rau zum Stellvertreter des neugewählten Bundesvorsitzenden der SPD Hans-Jochen Vogel gewählt.
Zudem übernahm Lafontaine die Leitung der Kommission, die das neue Grundsatzprogramm der SPD ausarbeiten sollte. Es wurde als Berliner Programm auf dem Berliner Parteitag im Dezember 1989 verabschiedet und verpflichtete die Partei zu internationaler Zusammenarbeit für Abrüstung, Gleichstellung der Frau in Beruf und Gesellschaft, ökologischer Modernisierung der Wirtschaft und Strukturreform der sozialen Sicherungssysteme. In diesem Zusammenhang trat Lafontaine damals auch für Arbeitszeitverkürzungen ohne vollen Lohnausgleich im Einvernehmen mit Betriebsräten und Belegschaften ein. Dies brachte ihn in einen Gegensatz zu den westdeutschen Gewerkschaftsverbänden. Seitdem galt er dort als „Modernisierer“.
Nach dem Fall der Berliner Mauer sagte Lafontaine, er wolle einen Kollaps der DDR-Wirtschaft und politische Komplikationen mit den vier Siegermächten des Zweiten Weltkriegs vermeiden. Um DDR-Bürger verstärkt zu bewegen, in ihrer Heimat zu bleiben, schlug er Wirtschaftshilfen für die DDR vor. Am 27. November 1989 riet er zudem dazu, den Zuzug von DDR-Bürgern in die Bundesrepublik administrativ zu begrenzen. Er beauftragte die saarländische Staatskanzlei, zu prüfen, ob die Übersiedlung rechtlich von einem Nachweis von Wohnsitz und Arbeitsplatz im Westen abhängig gemacht werden könne. Dies stieß auf Kritik auch von Parteifreunden. Der SPD-Parteivorsitzende Hans-Jochen Vogel warf ihm vor:[4] „Die bauen Mauern ab, und Du versuchst, sie aufzurichten.“
Am 28. November 1989 legte Bundeskanzler Helmut Kohl überraschend sein Zehn-Punkte-Programm zur deutschen Wiedervereinigung vor. Darin befürwortete er eine Konföderation beider deutscher Staaten als Zwischenschritt zur deutschen Einheit, ließ aber die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze und die Bündniszugehörigkeit des vereinten Deutschlands noch offen. Dies löste eine intensive Debatte im In- und Ausland aus.
Daraufhin warnte Lafontaine beim Berliner Parteitag der SPD am 18. Dezember 1989 vor „nationaler Besoffenheit“. Zur Mitgliedschaft eines vereinten Deutschlands in der NATO, wie sie Kanzlerberater Horst Teltschik kurz zuvor öffentlich gefordert hatte, sagte er: „Welch ein historischer Schwachsinn!“ Er kritisierte, dass Kohl seinen Plan nicht mit den damaligen Siegermächten abgestimmt hatte. Darin stimmte er mit Michail Gorbatschow überein, der die Eigenstaatlichkeit der DDR damals noch bewahren wollte und auch die Ostausdehnung der NATO ablehnte. Lafontaine bezeichnete Kohls Pläne als unbezahlbar und erhielt dafür Zustimmung vom damaligen Bundesbankpräsidenten Karl Otto Pöhl.
Lafontaine glaubte wie viele führende SPD-Politiker, eine „Wieder“-Vereinigung setze die falschen politischen Prioritäten und wecke erneut Ängste vor deutscher Überlegenheit im europäischen Ausland. Er sah die Idee des Nationalstaats für die Zukunftsgestaltung im Zeitalter der europäischen Integration als unzeitgemäß an. Er betonte dagegen die Tradition des sozialdemokratischen Internationalismus und strebte eine nationale Einheit als Ergebnis, nicht Voraussetzung annähernd gleicher Lebensverhältnisse und Entfaltungschancen an. Er stimmte mit vielen ostdeutschen Bürgerrechtlern darin überein, dass die DDR sich ohne westlichen Druck zuerst selbst politisch und vor allem wirtschaftlich reformieren solle. Er wollte ihre Eigenstaatlichkeit also zunächst erhalten. Dazu befürwortete er eine Konföderation beider deutscher Teilstaaten im Rahmen eines gesamteuropäischen Vereinigungsprozesses.
Wegen seiner öffentlichen Bedenken gegen Kohls Plan wurde Lafontaine von politischen Gegnern vorgeworfen, er habe die deutsche Einheit innerlich nicht gewollt, daher verhindern wollen und kein eigenes Konzept für den Einigungsprozess gehabt. Er selbst betonte dagegen, er habe die staatliche Wiedervereinigung an sich nicht abgelehnt, sondern nur die soziale Angleichung der Lebensverhältnisse vorhergehen lassen wollen.
Nach seinem Wahlsieg mit 54,4 Prozent bei der Landtagswahl im Saarland am 28. Januar 1990 wurde Lafontaine vom SPD-Vorstand einstimmig als Kanzlerkandidat für die Bundestagswahl 1990 nominiert. Danach beriet er sich intensiv mit Parteifreunden und europäischen Wirtschaftsexperten, darunter Helmut Schmidt, Bundesbankpräsident Karl Otto Pöhl, EG-Kommissions-Präsident Jacques Delors und Gewerkschaftsführer Franz Steinkühler. Diese stimmten seiner Ablehnung einer schnellen Wirtschafts- und Währungsunion zwischen DDR und Bundesrepublik überwiegend zu. Von dem Einvernehmen in der SPD dazu machte er seine Kanzlerkandidatur abhängig.
Im Vorfeld der Volkskammerwahl 1990 kündigte Bundeskanzler Kohl am 13. Februar 1990 überraschend eine baldige Währungsunion an, ohne anfangs einen Wechselkurs festzulegen. Auf dem folgenden SPD-Parteitag in Leipzig trug Lafontaine seine wirtschafts- und sozialpolitischen Bedenken dagegen vor. Er befürchtete und warnte davor, dass die Währungsunion weite Teile der Industrie- und Agrarwirtschaft der DDR schlagartig konkurrenzunfähig machen, zu ihrem Zusammenbruch und zu vielen Millionen Arbeitslosen führen würde. Er rechnete mit Steuererhöhungen und jahrzehntelangen Milliardentransfers in die Beitrittsgebiete und wies darauf hin, dass dies die Investitionen in der alten Bundesrepublik schwächen, auch dort Arbeitsplatzverluste bewirken und so den sozialen Zusammenhalt in ganz Deutschland gefährden würde. Er berief sich auf die Empfehlungen des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und riet dazu, die Wirtschaft der DDR schrittweise zu reformieren, um ihre Absatzmärkte zu erhalten und ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den westlichen Unternehmen zu stärken. Statt einer abrupten Einführung der D-Mark empfahl er, einen festen Wechselkurs für die Mark der DDR anzustreben. Nachdem die Bundesbank im April einen Umtauschkurs von 2:1 empfohlen und damit starken Protest in der DDR ausgelöst hatte, rückte er von seiner Empfehlung ab und befürwortete nun einen Umtauschkurs von 1:1 für sämtliche Sparguthaben, Löhne und Renten, um die Kaufkraft im Osten nach erfolgter Währungsunion zu stärken.
Am 25. April 1990 wurde Lafontaine bei einem Wahlkampfauftritt in Köln-Mülheim von der psychisch kranken Adelheid Streidel mit einem Messerstich nahe der Halsschlagader lebensgefährlich verletzt. In den Wochen seiner Behandlung und Erholung rückte die SPD-Bundestagsfraktion von seinem Kurs ab.
Am 18. Mai 1990 vereinbarte die amtierende Bundesregierung mit der DDR den Staatsvertrag über die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion. Damit war entschieden, dass die DDR das wirtschafts- und sozialpolitische System der Bundesrepublik in einem Schritt vollständig übernehmen würde. Bei einer geheimen Abstimmung der SPD-Bundestagsfraktion folgte die Mehrheit Willy Brandts Empfehlung, diesem Vertrag am 22. Juni 1990 im Bundestag zuzustimmen. Wegen des fehlenden Rückhalts für seinen Kurs bot Lafontaine daraufhin parteiintern seinen Rücktritt von der Kanzlerkandidatur an. Doch kein anderer im SPD-Bundesvorstand war zu kandidieren bereit. Bei der folgenden Abstimmung im Bundesrat lehnten nur das von Lafontaine regierte Saarland und das von Gerhard Schröder regierte Niedersachsen den Staatsvertrag zur Währungsunion ab.
Nachdem Briten und Franzosen ihre Vorbehalte gegen die staatliche Einheit Deutschlands aufgegeben hatten, beschlossen Bundestag und Bundesrat am 20. und 21. September 1990 mit den Stimmen der SPD-Fraktion und aller SPD-geführten Bundesländer den Einigungsvertrag. Das ermöglichte mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes, der am 3. Oktober offiziell erfolgte. Damit hatte der Gang der Ereignisse Lafontaines Alternativkonzept überholt. Er verlor im Dezember 1990 die erste gesamtdeutsche Bundestagswahl. Dabei erreichte die SPD mit 33,5 Prozent der Stimmen ihr schlechtestes Ergebnis seit der Bundestagswahl 1957. Danach zog Lafontaine sich zunächst aus der Bundespolitik zurück, verzichtete auf den ihm angebotenen SPD-Vorsitz und blieb saarländischer Ministerpräsident.
Vom 1. November 1992 bis zum 31. Oktober 1993 war Lafontaine Bundesratspräsident. In dieser Eigenschaft wirkte er daran mit, einige von der Zustimmung der Ländermehrheit abhängige Gesetzesvorhaben der von Helmut Kohl geführten Bundesregierung im Bundesrat scheitern zu lassen. Auch war er maßgebend beteiligt am „Asylkompromiss“ von 1992, der das Asylrecht einschränkte.
1994 war Lafontaine bis zu seiner Wiederwahl schon einmal Mitglied des Deutschen Bundestages und blieb auch danach mit 56,4 Prozent der Stimmen direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Saarbrücken. Vor der Bundestagswahl 1994 gehörte er zusammen mit Gerhard Schröder und dem SPD-Kanzlerkandidaten Rudolf Scharping zur „Troika“ der SPD und war Anwärter auf das Amt des Bundesfinanzministers. Die SPD verlor die Wahl trotz Zugewinnen mit 36,4 Prozent der Stimmen.
In der Folgezeit war Scharping als Oppositionsführer erfolglos und verlor innerparteilich Zustimmung, besonders als er Schröder als wirtschaftspolitischen Sprecher der SPD entließ. Lafontaine widersprach öffentlich, als Scharping Auslandseinsätze der Bundeswehr auch außerhalb des NATO-Vertragsgebietes befürwortete. Nach Lafontaines emphatischer Rede auf dem SPD-Parteitag in Mannheim löste er Scharping als Bundesvorsitzenden der SPD ab: In der Kampfkandidatur am 16. November 1995 erhielt er 321 zu 190 Stimmen.
1995 kritisierte Peter Kratz Aussagen Lafontaines, die unter anderem die rechtskonservative Zeitschrift MUT veröffentlicht hatte. Er vertrete damit eine „neokonservative Gemeinschaftsideologie“, „stark mutterkreuzverdächtige Ansichten“ zur Familienpolitik und eine deutschnationale Haltung zur Wirtschaftspolitik.[5] Im März 1996 machte Lafontaine die Einwanderung von Russlanddeutschen und Spätaussiedlern für die starke Schieflage in den gesetzlichen Sozialversicherungen im Laufe der 1990er Jahre mitverantwortlich und fand dafür Kritik.[6]
1997 ließ Lafontaine die von der CDU/FDP-Koalition geplante Steuerreform – das sogenannte Petersberger Modell – im Bundesrat blockieren und gewann zugleich mit einem Alternativvorschlag im Bundestag öffentliche Zustimmung. Damit schuf er eine wesentliche Voraussetzung für die Ablösung Helmut Kohls als Bundeskanzler. Zudem sorgte er dafür, dass die Frage des Kanzlerkandidaten der SPD für die Bundestagswahl 1998 lange offen gehalten und zuerst das Wahlprogramm festgelegt wurde. Wichtige Forderungen darin wie eine Ausbildungsplatzabgabe bei Lehrstellenmangel, eine Ökosteuer bei gleichzeitiger Senkung der Sozialversicherungsbeiträge und die Rücknahme der Rentenkürzung wurden von ihm durchgesetzt. Auf die Nichtbeteiligung an Kriegseinsätzen der NATO hatte er die SPD schon 1991 programmatisch festgelegt. Nach Gerhard Schröders Wahlsieg bei den Landtagswahlen von Niedersachsen am 1. März 1998 rief Lafontaine ihn zum Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl am 27. September aus. Im folgenden Wahlkamf betonten beide ihre politische Übereinstimmung.
1992 fand das Nachrichtenmagazin Der Spiegel heraus, dass Lafontaines Pensionsansprüche aus seiner Zeit als Oberbürgermeister Saarbrückens nicht ordnungsgemäß mit seinen Bezügen als Ministerpräsident verrechnet waren und er zu viel Geld erhalten hatte. Dies machte in den bundesweiten Medien als „Pensionsaffäre“ Schlagzeilen. Der Fehler war auf eine unklare Vorschrift im Beamtenrecht zurückzuführen, die die vorherige CDU-Regierung eingeführt hatte. Nachdem ein Gutachten des Finanzrechtlers Hans Herbert von Arnim den Sachverhalt belegt und der saarländische Landesrechnungshof die Auffassung des Spiegels unterstützt hatte, zahlte Lafontaine ohne Gerichtsverfahren rund 230.000 DM zurück.
1993 recherchierte der Journalist Kuno Haberbusch für das Nachrichtenmagazin Panorama über Beziehungen Lafontaines zu einigen Saarbrücker Nachtlokalen in den 1970er Jahren. Man sprach von der „Rotlichtaffäre“. Für den Spiegel stand Lafontaine „im Verdacht, einige Figuren aus dem Milieu mit Gefälligkeiten bedient zu haben“. Dieser bestritt nicht, sich öfter in den Lokalen aufgehalten zu haben, wies aber alle daraus abgeleiteten Verdächtigungen zurück und kritisierte sie als „Schweinejournalismus“. Er verhinderte die Ausstrahlung einer NDR-Reportage zu dem Fall durch eine gerichtliche Verfügung. 1994 setzte er eine Änderung des saarländischen Presserechts durch, das die redaktionelle Kommentierung von Gegendarstellungen auf derselben Seite verbot. Dieser Eingriff in das Presserecht stieß auf erheblichen Widerstand von Medien und Journalistenorganisationen und beschädigte Lafontaines Ruf in der Bundesrepublik mehr als die unbewiesenen Vorwürfe. Seine Popularität im Saarland und der Rückhalt für ihn in der Saar-SPD litten jedoch nicht darunter.
Nach dem Wahlsieg wurde Lafontaine am 27. Oktober 1998 zum Bundesminister der Finanzen im Kabinett Schröder I ernannt. Er erreichte nach anfänglicher Ablehnung Schröders eine Kompetenzerweiterung für sein Ressort, in das u.a. das Referat für den Jahreswirtschaftsbericht aufgenommen wurde. Damit wurde das Finanzministerium dem Vorbild des britischen Treasury (Schatzamt) angeglichen, um eine keynesianische Fiskalpolitik zu ermöglichen. Jost Stollmann, ein parteiloser Jungunternehmer, den Schröder im Wahlkampf als Anwärter für das nun verkleinerte Wirtschaftsministerium präsentiert hatte, kündigte daraufhin an, nicht in das Kabinett einzutreten.
Lafontaine berief später Heiner Flassbeck und Claus Noé zu seinen Staatssekretären, die seine nachfrageorientierte Finanz- und Steuerpolitik konzeptionell mit vorbereitet hatten. Bei den Koalitionsverhandlungen mit den Grünen lehnte er deren Forderung nach einem niedrigeren Spitzensteuersatz ab. Er beeinflusste wichtige Personalentscheidungen und verhinderte, dass Scharping erneut den SPD-Fraktionsvorsitz bekam. Bei der Besetzung des Bundestagspräsidentenamtes, des Kanzleramtschefs und Gesundheitsministers konnte er sich mit seinen Personalvorschlägen nicht durchsetzen. In der öffentlichen Wahrnehmung dominierte Lafontaine die Verhandlungen dennoch und galt bald als der „Traditionalist“ und „Schatten“ des Bundeskanzlers, der wichtige Reformvorhaben angeblich blockiere.
In den ersten Wochen der rot-grünen Regierung setzte Lafontaine einige Versprechen des Wahlprogramms um und erwirkte die Rücknahme einer Reihe unter Kohl beschlossener Gesetze. Er sicherte wieder die hundertprozentige Lohnfortzahlung im Krankheitsfall der ersten sechs Wochen für Arbeitnehmer, revidierte die Beschränkung des Kündigungsschutzes in kleineren Betrieben, ließ das Schlechtwettergeld wiedereinführen und führte ein Entsendegesetz auch für ausländische Bauarbeiter sowie ein Sofortprogramm zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit ein. Daraufhin wurde das Bündnis für Arbeit zwischen Gewerkschaftsvertretern, Unternehmerverbänden und Regierung, das im letzten Regierungsjahr Kohls zerbrochen war, zunächst erneuert.
In den Folgemonaten kam es zwischen Lafontaine und Gerhard Schröder an verschiedenen Punkten zu Koordinationsproblemen, Konflikten und Entfremdung. Ein Punkt im Wahlprogramm der SPD 1998 war die Sozialversicherungspflicht für 630-DM-Jobs. Zum Ausgleich sollte der sozialabgabenfreie Niedriglohnsektor erweitert werden. In Schröders Regierungserklärung war dann jedoch davon die Rede, die Versicherten die Hälfte der Sozialversicherungsbeiträge selber tragen zu lassen. Auch die Unternehmensbesteuerung sollte nach Schröders Willen langfristig entgegen den Absprachen vor der Wahl auf 35 Prozent abgesenkt werden. Schröders Festlegung, die Ökosteuer auf sechs Pfennige pro Liter Benzin zu begrenzen, stellte den Finanzminister ebenfalls vor Probleme.
Im Vorfeld der Landtagswahl in Hessen vom Februar 1999 plädierte Lafontaine für einen Konsens mit den Unionsparteien über das geplante neue Staatsbürgerschaftsrecht. Dies lehnten die rot-grünen Fraktionsführungen und zuständigen Minister ab. Die CDU/CSU-Unterschriftenaktion gegen die Reform des deutschen Staatsbürgerschaftsrechts und bedingten Einbürgerungsanspruch für in Deutschland lebende Ausländer hatte Erfolg: SPD und Grüne verloren die Hessenwahl und damit die Mehrheit im Bundesrat.
Kritik erfuhr Lafontaine Anfang 1999 für seine Vorstöße an die Europäische Zentralbank zur Senkung des Leitzinses, die im Februar 1999 erfolgte, und zur Kontrolle der internationalen Finanzmärkte. Er schlug eine Regulierung des kurzfristigen Kapitalverkehrs zur Eindämmung der Spekulationsgewinne von Hedge-Fonds und stabile Wechselkurszielzonen durch internationale Absprachen vor. Diese Ideen stammten vom US-Notenbankpräsidenten Paul Volcker.
Wie jeder Bundesfinanzminister war Lafontaine Vorsitzender des Verwaltungsrates der KfW Bankengruppe. Seit 2005 ist er als einfacher Abgeordneter wieder dessen Mitglied.[7][8]
Am 10. März 1999 erklärte Schröder bei einer Kabinettssitzung, eine wirtschaftsfeindliche Politik sei „mit ihm nicht zu machen“. Am Folgetag stand in der Bildzeitung, er habe mit Rücktritt gedroht und besonders Lafontaine angegriffen – nach dessen Angaben galt die Kritik jedoch Umweltminister Jürgen Trittin und Familienministerin Christine Bergmann. Ein Dementi der Rücktrittsdrohung durch den Kanzler erfolgte nicht. Am 11. März 1999 erklärte Lafontaine seinen Rücktritt vom Amt des Bundesfinanzministers. Zugleich legte er den Vorsitz der SPD und sein Bundestagsmandat nieder. In einer kurzen Presseerklärung drei Tage darauf begründete er diesen Rückzug aus allen Ämtern mit dem „schlechten Mannschaftsspiel“ in der Regierung. Näheres wolle er nicht mitteilen, um der Regierung nicht zu schaden. Er war insgesamt 186 Tage im Ministeramt.
Am 1. Mai 1999 trat Lafontaine öffentlich auf Kundgebungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes mit scharfer Kritik an der am 24. März begonnenen Bombardierung Serbiens durch die NATO hervor. Im Oktober 1999 veröffentlichte er sein Buch Das Herz schlägt links, in dem er seinen Rücktritt ausführlich begründete. Als Hauptgrund nannte er mangelnde Solidarität innerhalb der Regierung. Dabei wurden auch persönliche Verletzungen deutlich: Die Entfremdung zwischen ihm und Schröder habe schon nach der Niedersachsenwahl 1990 begonnen. Laut Lafontaine habe Schröder damals „in seinem unnachahmlichen Charme“ zu ihm gesagt:[9]
„Der Stich in den Hals hat zwei Prozent gebracht.“
Er habe das Trauma des Attentats von 1990 gerade in den Monaten nach dem Wahlsieg der SPD von 1998, auf den er jahrelang hingearbeitet hatte, nochmals bewusst durchlebt; sein Rücktritt sei auch eine Spätfolge davon. Er wolle sein Leben nicht der Politik opfern, und sich seiner Familie widmen. Er habe ohnehin vorgehabt zurückzutreten, dies aber nach der enttäuschenden Regierungserfahrung zeitlich vorgezogen.
Zudem kritisierte Lafontaine nach seinem Rücktritt den Kurswechsel des Kanzlers hin zu einer aus Lafontaines Sicht arbeitnehmerfeindlichen Sozial- aber auch Wirtschafts- und Steuerpolitik an vielen Einzelbeispielen. Das Schröder-Blair-Papier, eine Erklärung Schröders und Tony Blairs vom Mai 1999 zur Modernisierung der Industriegesellschaft, sah er – wie auch der französische Sozialist Lionel Jospin – als Abkehr von sozialdemokratischen Grundwerten und Hinwendung zum Neoliberalismus. Er forderte die Rückwendung der SPD zu ihrem Programm von 1998, war aber nach Erscheinen des Buches in seiner Partei weitgehend isoliert.
2001 wurde Lafontaine Mitglied der globalisierungskritischen Vereinigung Attac und schrieb eine regierungskritische politische Kolumne für die Boulevardzeitung Bild.
Mit verschiedenen Vorschlägen erhielt Lafontaine erneut öffentliche Beachtung. Im September 2003 riet er der Ost-SPD, mit der PDS zu fusionieren. Spekulationen über eine erneute Spitzenkandidatur für die saarländische SPD bei der Landtagswahl 2004 dementierte er erst spät. In einem Zehn-Punkte-Programm für den Sonderparteitag der SPD am 21. März 2004 forderte er die „Rücknahme der Nullrunde für Rentner“, „Streichung der Praxisgebühr“ und „Entziehung der Staatsbürgerschaft der im Ausland versteuernden Deutschen“, um so Wähler für die SPD zurückzugewinnen und eine innerparteiliche Diskussion um den Kurs Schröders zu befördern.
Im Fall des entführten und ermordeten Jakob von Metzler unterstützte Lafontaine am 17. Mai 2004 die Gewaltandrohung des Frankfurter Polizeivizepräsidenten Wolfgang Daschner: Er hätte in dessen Lage ebenso gehandelt. Das Folterverbot des Grundgesetzes gelte „nicht nur für den Verbrecher, sondern auch für das entführte Kind“. Eine Bestrafung Daschners sei eine „Katastrophe für den Rechtsstaat“.[10] Dieser dürfe nicht „tatenlos zusehen“, „wie ein Kind gequält und gefoltert wird“: Wenn dann der Täter feststehe, müsse Gewaltandrohung erlaubt sein.[11]
Im August 2004 unterstützte Lafontaine die von Otto Schily geforderte Einrichtung von Sammellagern für Einreisewillige in Nordafrika. Er begründet diese Haltung heute weiterhin mit schlechten Chancen ausländischer Arbeitskräfte auf dem deutschen Arbeitsmarkt und einer gescheiterten Integration, die wachsende Drogenkriminalität und Ausländerfeindlichkeit erzeuge. „Ungeregelte“ Zuwanderung verstärke die Arbeitslosigkeit.
Bei den Demonstrationen gegen die Hartz-IV-Gesetzgebung beteiligte sich Lafontaine am 30. August 2004 als Redner bei einer der Montagsdemonstrationen gegen Sozialabbau 2004 in Leipzig. An der erneuten SPD-Wahlniederlage im Saarland am 5. September 2004 gab ihm der Bundesvorstand der SPD eine erhebliche Mitschuld.
Lafontaine erklärte am 24. Mai 2005 seinen bereits im Vorjahr angekündigten Austritt aus der SPD. Am selben Tag erklärte er sich bereit, ein Linksbündnis aus WASG und PDS bei der vorgezogenen Bundestagswahl 2005 zu unterstützen. Sein Parteibuch gab er am 30. Mai zurück – damit endete die Mitgliedschaft nach fast vierzig Jahren auch formal.
Lafontaine nennt bis heute die Abkehr der SPD vom Berliner Programm als Grund für diesen Schritt. SPD-Vertreter werfen ihm dagegen vor, nur aufgrund eines gestörten Verhältnisses zu seiner ehemaligen Partei der Linkspartei beigetreten zu sein.[12]
Nachdem sich die Führungsgremien von PDS und WASG auf gemeinsame Kandidaturmodelle zur Bundestagswahl 2005 geeinigt hatten, kündigte Lafontaine am 10. Juni 2005 an, zusammen mit Gregor Gysi für das Linksbündnis anzutreten. Am 18. Juni trat er gemeinsam mit seiner Ehefrau der WASG bei. Am 30. Juli wählte ihn die NRW-Landesmitgliederversammlung der Linkspartei in Essen auf den Spitzenplatz ihrer offenen Liste für die Bundestagswahl. Er kandidierte außerdem für ein Direktmandat im Wahlkreis Saarbrücken, wo er mit 26,2 Prozent der Erststimmen den dritten Platz hinter den dortigen Kandidaten der SPD und CDU erhielt. Die SPD sah das Linksbündnis im Wahlkampf 2005 überwiegend als „ganz klare Herausforderung“ (Franz Müntefering) an die von Schröder eingeleitete Politik der Agenda 2010 an.
Seit der Bundestagswahl am 18. September 2005 ist Lafontaine wieder Mitglied des Deutschen Bundestages und teilte sich in der 16. Wahlperiode den Fraktionsvorsitz der Linkspartei mit Gregor Gysi. Er kritisierte Schröders Anspruch auf das Kanzleramt am Wahlabend als „pubertäres Verhalten“. Die Linkspartei schloss jede Koalition mit anderen im Bundestag vertretenen Parteien und eine Zustimmung zur etwaigen Kanzlerkandidatur Schröders strikt aus.
Oskar Lafontaine ist Mitglied im Gemeinsamen Ausschuss, der nach Ausrufung des Verteidigungsfalls als Notparlament die Funktionen von Bundesrat und Bundestag ausübt. Weiterhin war er von 2005 bis 2009 als Abgeordneter seiner Fraktion Mitglied im Verwaltungsrat der KfW Bankengruppe in Frankfurt am Main. Er kündigte im Januar 2010 an, im kommenden Mai aus gesundheitlichen Gründen aus dem Bundestag auszuscheiden.[1]
Am 29. Dezember 2005 erklärte Lafontaine dem Landesvorstand Saar schriftlich seinen Eintritt in die Linkspartei. Im November 2006 kündigte er im saarländischen Bildstock vor Gewerkschaftsvertretern und Betriebsräten an, bei der Landtagswahl 2009 als Spitzenkandidat der mit der WASG vereinten Linkspartei anzutreten. Am 15. Juni 2007 wurde die Fusion beider Organisationen zur neuen Partei Die Linke vollzogen. Am Folgetag wurde Lafontaine auf deren Gründungsparteitag gemeinsam mit Lothar Bisky mit 87,9 Prozent zu ihrem Vorsitzenden gewählt.
Im August 2008 nominierte der saarländische Landesverband der Partei Die Linke Lafontaine auf einem Landesparteitag zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2009.[13] Dabei wurde die Linke mit über 20 Prozent der Wählerstimmen drittstärkste Partei. Am 9. September wählte ihre Fraktion im saarländischen Landtag Lafontaine zum Fraktionsvorsitzenden.[14]
Am 9. Oktober 2009 gab Lafontaine seinen Verzicht auf eine erneute Kandidatur für den Fraktionsvorsitz im Bundestag bekannt.[15] Einen Monat später, am 17. November 2009, erklärte er, dass er sich auf Grund seiner Krebserkrankung einem chirurgischen Eingriff unterziehen werde und danach über die Fortführung seiner politischen Arbeit entscheiden wolle.[16] Nachdem gemeldet wurde, daß der Eingriff wegen Prostatakrebs[17] am 18. November 2009 erfolgreich verlaufen war,[18] trat Lafontaine im Januar 2010 erstmals wieder politisch in Erscheinung.[17] Bereits kurz darauf erklärte er jedoch auf einer Vorstandssitzung, aus gesundheitlichen Gründen[19] sein Bundestagsmandat abgeben und auf eine erneute Kandidatur zum Parteivorsitzenden auf dem Parteitag in Rostock verzichten zu wollen.[20]
Am 14. Juni 2005 sagte Lafontaine auf einer Kundgebung in Chemnitz, der Staat sei „verpflichtet zu verhindern, dass Familienväter und -frauen arbeitslos werden, weil Fremdarbeiter zu niedrigen Löhnen ihnen die Arbeitsplätze wegnehmen.“[21] „Fremdarbeiter“ wurde vielfach als Ausdruck aus der Sprache des Nationalsozialismus kritisiert, den Lafontaine bewusst verwendet habe, um Fremdenfeindlichkeit zu nutzen und so potentielle NPD-Wähler für das neue Linksbündnis zu gewinnen. Auch viele PDS-Mitglieder gingen deshalb auf Distanz zu ihm, bis er auf ihrem Parteitag erklärte, er habe das Wort dem Ausdruck „Gastarbeiter“ vorgezogen und gerade nicht herabsetzend gemeint.[22]
Politische Gegner ordnen Lafontaine wegen derartiger Aussagen heute oft als Populist ein.[23] Hans-Ulrich Wehler kritisiert, sein Buch Politik für alle bediene populistische Ressentiments, indem es etwa vom deutschen Volk als „Schicksalsgemeinschaft“ rede. Für Frank Decker gehört Lafontaine zu den deutschen Politikern mit der größten Fähigkeit zur populistischen Wähleransprache.[24] Rafael Seligmann und Michael Wolffsohn bezeichneten Lafontaine als Demagogen.[25] Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer AG, wirft ihm vor, mit sozialen Ängsten zu spielen und mit protektionistischen, antiamerikanischen und nationalistischen Ressentiments Stimmung zu machen. Er träume vom segnenden Staat und vertrete ein zentralistisches, abgeschottetes und autoritäres Weltbild. Zudem heroisiere er Hugo Chávez und verhöhne die Pressefreiheit.[26]
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