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Wiesbaden - Es war ein Auftritt mit ernster Miene, aber selbstbewusst: Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hat am frühen Nachmittag auf einer Pressekonferenz in Wiesbaden bestätigt, was bereits zuvor bekannt geworden war - er wird seine Ämter als Ministerpräsident und CDU-Vize niederlegen. Am 31. August werde er von seinem Amt als Regierungschef zurücktreten und auf dem Parteitag im Juni auch nicht mehr für den CDU-Landesvorsitz kandidieren, sagte Koch.
Er habe immer versucht, die Balance aus seinem Engagement in der Politik und seiner Selbständigkeit zu halten, sagte Koch. "Politik ist ein Teil meines Lebens, aber nicht mein Leben".
Er habe den Zeitpunkt, um seinen Rückzug aus der Politik mitzuteilen, bewusst ausgewählt - nach den NRW-Wahlen und vor dem CDU-Parteitag in Hessen am 12. Juni. Sowohl seine Familie als auch die CDU-Vorsitzende Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hätten bereits seit mehr als einem Jahr von seinen Plänen prinzipiell Bescheid gewusst.
Zu Spekulationen, er wolle in die Wirtschaft wechseln, sagte Koch, er wolle "im Bereich von Wirtschaft und unternehmerischen Entscheidungen" tätig werden. Näheres gab der CDU-Politiker dazu nicht bekannt. Gesundheitliche Gründe hätten für seine Entscheidung keine Rolle gespielt. In Unionskreisen wurde gegenüber SPIEGEL ONLINE spekuliert, Koch werde zunächst in seinen früheren Beruf als Anwalt zurückkehren und dort eine mehrmonatige Schonzeit einlegen. Dann sei es denkbar, dass Koch für ein Dax-Unternehmen tätig werde.
Koch war am Wochenende beim "Andenpakt"
Noch am Wochenende hatte Roland Koch auf einem Treffen des sogenannten "Andenpakts", einem langjährigen Netzwerk von zum Teil hochrangigen CDU-Politikern, in Barcelona teilgenommen. Das bestätigten mehrere Teilnehmer gegenüber SPIEGEL ONLINE. In Barcelona sei sein baldiger politischer Abgang aber kein konkretes Thema gewesen, so ein CDU-Politiker. Koch habe es selbst nicht angesprochen. Schon seit längerem sei aber der Runde klar gewesen, dass Koch nicht ewig in der Politik verbleiben wollte.
In Barcelona wurde allerdings bemerkt, dass Koch vorzeitig wieder nach Deutschland abreiste. "Es wurde spekuliert, aber nicht thematisiert", so ein Beteiligter auf die Frage, ob die Runde etwas von seinen Plänen gewusst habe. Ein weiterer Teilnehmer sagte: "Viele, die ihn näher kennen, wussten, dass er einen Wechsel vor hat." Dass er mit einem Ausstieg aus der Politik geliebäugelt habe, sei auch der Kanzlerin seit längerer Zeit klar gewesen. "Merkel kann nicht überrascht gewesen sein, überrascht war sie wohl nur über den Zeitpunkt", so ein langjähriges Mitglied des Andenpakts. Und ein anderes Mitglied sagt: "Koch hat keinem gesagt: Schaltet mal am Dienstag den Fernseher an, da werde ich was verkünden."
"Sie werden mich noch lange nicht auf der Pensionsliste sehen"
Seine Entscheidung "sei richtig für Hessen, richtig für die Partei und richtig für mich", sagte Koch weiter. "Ich möchte erreichen, dass es bei der Beibehaltung des politischen Kurses einen Wechsel gibt, denn ein Wechsel gehört zu den Voraussetzungen dafür, dass Politik lebendig bleibt und sich nicht einfährt."
Er sei in einem Lebensalter, in dem er einen Lebensabschnitt noch selbständig neu beginnen könne, so der 52-Jährige. Dabei wolle er sich aber durchaus ein "paar Monate nehmen durchzuatmen" und in ein "normales Leben" zurückzukehren. Eines sei aber sicher: "Sie werden mich noch ganz lange Zeit nicht auf der Pensionsliste des Landes Hessens sehen."
Am Dienstagabend wolle er mit dem Landesvorstand und den Kreisverbänden der CDU über personelle Konsequenzen seiner Entscheidung reden, kündigte Koch an.
Bis zu seinem Rücktritt werde er die Ämter noch in "voller Verantwortung" nutzen. "Ich will mir in Loyalität die Freiheit nehmen, nicht zu erlauben, dass wir Entscheidungen nur deshalb verweigern oder verzögern, weil wir Angst vor dem Echo haben", sagte Koch. Er werden sicherlich auch nach seinem Abgang ein "politisches Wesen" bleiben.
Am Ende seiner Erklärung wurde Koch pathetisch: Er hoffe für seine Kinder auf eine Welt in Frieden, Freiheit und Wohlstand.
Auch Umweltministerin Lautenschläger hört auf
Koch bestätigte, dass auch Hessens Umweltministerin Silke Lautenschläger (CDU) das Landeskabinett verlassen wird. Lautenschläger wolle einem neuen Kabinett nicht mehr angehören, aber im Landtag bleiben.
Am Dienstagvormittag hatten zunächst das ZDF und dann mehrere Nachrichtenagenturen berichtet, Koch wolle seine Ämter bis zum Ende des Jahres niederlegen.
Laut "FAZ" und der Deutschen Presse-Agentur dpa soll Hessens Innenminister Volker Bouffier (CDU) Nachfolger Kochs als Ministerpräsident werden.
Parteifreunde reagierten mit Bedauern auf den Rücktritt Kochs. Bundeskanzlerin Merkel, die zugleich CDU-Vorsitzende ist, ließ erklären, sie habe "den Rückzug mit Respekt, aber auch großem Bedauern zur Kenntnis genommen". Merkel würdigte Koch als einen "guten, freundschaftlichen Ratgeber" und kündigte an, "auch in Zukunft fest auf seinen Rat" zu bauen.
Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) sagte, es sein ein "großer Verlust, sowohl für die Landespolitik als auch Bundespolitik, jemanden von dem intellektuellen und politischen Kaliber zu verlieren". Die Nachricht des Rücktritts kam für die gebürtige Hessin "relativ überraschend". Sie habe Roland Koch als CDU-Landesvorsitzenden und Ministerpräsidenten erlebt, als sie selber "ganz frisch in der Jungen Union war", sagte Schröder. Sie lobte Kochs "rhetorische Brillanz und seine analytische Brillanz." Das habe sie bis heute sehr geprägt und fasziniert.
Von einem "großen Verlust für die CDU, das Land Hessen und den Bund" sprach auch der Vorsitzende der hessischen CDU-Landesgruppe im Bundestag, Michael Meister, gegenüber SPIEGEL ONLINE. Meister bezeichnete Koch als "großen Politiker mit für die Politik ungewöhnlich klaren Positionierungen". Seine Entscheidung müsse man respektieren.
Koch ist seit 1999 hessischer Ministerpräsident. Als stellvertretender CDU-Vorsitzender gilt Koch zugleich als bundespolitisches Schwergewicht. Er galt lange als Rivale der Bundeskanzlerin und Parteivorsitzenden Angela Merkel und war immer wieder für Spitzenämter in Berlin im Gespräch.
In den vergangenen Tagen war er parteiintern in die Kritik geraten, nachdem er zur Haushaltskonsolidierung im SPIEGEL-Interview auch Einsparungen im Bildungsbereich und bei der Kinderbetreuung gefordert hatte. Dies hatte neben anderen auch Bundeskanzlerin Angela Merkel zurückgewiesen.
Zuletzt war spekuliert worden, Koch könnte den gesundheitlich angeschlagenen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in seinem Amt ablösen.
Seit 2009 koaliert in Hessen wieder die CDU mit der FDP. In Wiesbaden hatte es seit einiger Zeit geheißen, dass Koch seine Nachfolge rechtzeitig vor der Landtagswahl 2014 regeln werde. Am 12. Juni findet ein Landesparteitag der Hessen-CDU statt.
Hessens Innenminister Volker Bouffier war lange loyaler Stellvertreter Kochs in der Regierung wie in der Landespartei. Derzeit läuft noch ein Untersuchungsausschuss des Landtags zu Vorwürfen gegen Bouffier, er habe sich bei der Berufung eines neuen Polizeipräsidenten für die Bereitschaftspolizei über ein Gerichtsurteil und das Beamtenrecht hinweggesetzt.
anr/sev/dpa/ddp/AFP/Reuters
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